Pferde brauchen Pferde!
Artgerechte Pferdehaltung ist ein großes und schwieriges Thema. Eine passende und möglichst beständige Pferdegesellschaft gehört für mich neben einer fachgerechten und angemessenen Grundversorgung zu den wichtigsten Aspekten der Pferdehaltung. Noch immer wissen viele Pferdemenschen zu wenig darüber, was die Tatsache, dass Pferde Herdentiere sind, bedeutet: allem voran, dass sie hoch soziale Wesen sind und Bedürfnisse haben, die nur durch das Zusammensein mit anderen Pferden befriedigt werden können. Zu wenig Kontakt mit anderen Pferden oder unpassende, ständig wechselnde Zusammenstellungen von Gruppen auf zu wenig Raum sorgen regelmäßig für Probleme im Umgang mit Pferden. Diese dann über „Erziehung“ oder „ordentliches Training“ lösen zu wollen, führt zu Druck und Gewalt, nicht aber zu einem ausgeglichenen und glücklichen Pferd.
Pferde brauchen Pferde!
Pferde brauchen Pferde und sie brauchen Platz!
Eine Einzelhaltung von Pferden in Boxen mit Mini-Paddocks ist grundsätzlich nicht artgerecht. Die immer wieder angeführten Ausnahmen bestätigen hier nur die Regel. Pferde sind naturgemäß nicht dafür gemacht, alleine zu sein. Und vor allem sind sie auch nicht dafür gemacht, den größten Teil des Tages herumzustehen. Pferde wandern in Gemeinschaft mit anderen auf der Suche nach etwas Fressbarem den ganzen Tag – das ist pferdegerechte Bewegung!
Erfreulicherweise ist in Sachen Haltung in den letzten Jahrzehnten schon viel passiert und immer mehr Stallbesitzer*innen sind sehr bemüht, für eine artgerechte Pferdehaltung zu sorgen. Als Pferdebesitzer*innen ist es unsere Aufgabe, den Stall vor allem für unser Pferd auszuwählen und nicht für uns. Neben Verhaltensauffälligkeiten und Problemen im Umgang resultieren meiner Erfahrung nach auch zahlreiche gesundheitliche Probleme aus einer Haltung, die dem jeweiligen Pferd nicht gerecht wird. Pferde, die in einer harmonischen Herde mit der Möglichkeit zur freien Bewegung (idealerweise durch Paddocktrails und dergleichen interessant gestaltet) leben, sind viel ausgeglichener, fröhlicher und bis ins hohe Alter fitter als in anderen Haltungsformen.
Die Herde muss passen
Nun passt aber nicht jedes Pferd in jede Herde. Ein Stück weit bleibt einem nicht viel übrig, als sich im Vorfeld gründlich Gedanken zu machen, aber dann auch auszuprobieren. Stallwechsel bedeuten für jedes Pferd viel Stress, aber wenn ein Pferd aus einer nicht funktionierenden Herdenzusammensetzung in eine harmonische Gruppe kommt, wird es sich dort schnell einleben und deutlich wohler fühlen.
Beispiel
Ich war aus verschiedenen Gründen mit meinen beiden Pferden aus einer größeren, gemischten Herde in einen kleinen Privatstall gezogen, in dem die Pferde tagsüber in einer kleinen Gruppe standen und nachts in sehr geräumigen offenen Paddockboxen. Da mein älteres Pferd sehr unerwartet starb, war Anthony plötzlich allein unter Großpferden. Heute denke ich, ich hätte wohl eher den Mut haben müssen, ihm eine neue Herde zu suchen. Allerdings war er zu diesem Zeitpunkt gesundheitlich und psychisch schwer angeschlagen und ich selbst hatte durch den Verlust von meinem Aramis kaum noch Kraft, so dass ich alles erst einmal so beließ.
Als ich dann einige Zeit später doch in einen anderen Stall zog, in dem Anthony in eine wundervolle Ponyherde kam, blühte er regelrecht auf. Heute ist er sowohl gesundheitlich als auch psychisch stabil und sehr glücklich und ich bin sehr froh, eine so gute Wahl für ihn getroffen zu haben. Sein Glück macht auch mich glücklich.
Wir dürfen eines nicht vergessen: Die Entscheidung für einen Stall ist die umfassendste Entscheidung, die wir für unser Pferd treffen können, denn dort verbringt es den größten Teil seines Lebens. Die Wahl des Stalles hat sehr viel mehr Gewicht als alle anderen Entscheidungen und sie sollte allem voran auf der Grundlage getroffen werden, dass wir die Bedürfnisse unseres Pferdes wirklich verstehen.
Für mich gilt:
Viele Probleme mit Pferden entstehen, weil wichtige ihrer Bedürfnisse
nicht genug beachtet werden. Je besser die Grundbedürfnisse Deines Pferdes erfüllt sind,
desto leichter wird auch der Umgang mit ihm.
Lesetipp: Versteh Dein Pferd
Liebe Tania,
ich stehe im Moment auch vor der Entscheidung den Stall zu wechseln. ich habe das Gefühl mein Pferd ist in der 4er Herde nicht glücklich. Er ist auch ab und zu alleine im Offenstall wenn die anderen ausreiten und leidet dann sehr. Alternativ möchte ich in einen größeren Aktivstall wechseln, das Problem ist nur, dass im Sommer 24 Stunden Zugang zur Weide möglich ist. Er neigt dazu dick zu werden und hat Arthrose, kann nicht mehr so viel bewegt werden. Müsste dann eventuell mit Fressbremse arbeiten. Im jetzigen Stall sind die Pferde max. 10 Stunden auf der Weide. Ich weiß nicht was besser für mein Pferd ist.
Liebe Andrea,
ich verstehe Deine Unsicherheit, aber Rat für so eine umfassende Entscheidung zu treffen, ist mir aus der Entfernung leider nicht möglich. Dazu müsste ich so viel mehr wissen, um das wenigstens ein bisschen einschätzen zu können. Gerade in Bezug aufs Gras gibt es sehr viele Faktoren, die da beachtet werden müssen. Tut mir sehr leid, aber dazu kann ich so keinen seriösen Rat geben.
Ich wünsch Euch alles Liebe und Gute,
Tania