– die pferdefreundliche Lösung
Ein sehr häufiges Problem, das man so ziemlich allen Ställen beobachten kann: Der Mensch möchte seinem Pferd die Hufe auskratzen, aber es gibt seinen Huf nicht. Daraufhin wird der Mensch „deutlicher“ und das Pferd gibt seinen Huf immer weniger gern. Irgendwann reißt dem Menschen der Geduldsfaden und er wird sauer. „Der ist nur bockig“ heißt es dann oder: „Die will mich mal wieder in den Wahnsinn treiben“ . Im schlimmsten Fall kommt dann die Gerte ins Spiel, bis das Pferd endlich seinen Huf gibt. Wie so oft, wird versucht, das gewünschte Verhalten notfalls zu erzwingen, anstatt sich die Sache gemeinsam mit dem Pferd zu erarbeiten. Hier zeige ich Dir Lösungen für das Problem „Hufe geben“.
Worum geht es hier eigentlich?
Zunächst müssen wir uns Folgendes klarmachen: Für ein Lauf- und Fluchttier sind seine Füße noch wichtiger als für uns Menschen. Ein Bein, das nicht zu nutzen ist, weil es zum Beispiel festgehalten wird, ist, solange das Pferd nicht gelernt hat, dass ihm dabei nichts passiert, eine hochbedrohliche Angelegenheit. Aus der Balance zu kommen, ist ebenfalls kein angenehmer Zustand. So haben wir schon mal zwei nachvollziehbar gute Gründe für ein Pferd, uns seinen Huf nicht geben zu wollen. Und dann kann es auch sein, dass körperliche Beschwerden es dem Pferd unangenehm bis schmerzhaft machen können, seinen Huf länger zu heben. Das sollte bei einem Verdacht unbedingt mit einem guten Physiotherapeuten oder Arzt abklären abgeklärt werden.
Wenn ein Pferd seinen Huf nicht geben will, rucken und zerren viele Menschen an dem Bein herum oder lehnen sich auch mit ihrem Gewicht gegen das Pferd, in der Hoffnung, so den Huf zu bekommen. Genau das löst in den meisten Fällen aber nur aus, dass sich das Pferd seinerseits verstärkt gegen uns lehnt, denn es wird instinktiv gegen das Gefühl „umgekippt zu werden“ angehen. Oder es macht einen Schritt zur Seite, steht dann aber auch wieder auf allen vier Hufen, eher noch mehr davon überzeugt, dass es keine gute Idee ist, dem Menschen seinen Huf anzuvertrauen.
Wenn wir nun aber zum Beispiel ein Pferdebein bandagieren oder einen Verband anlegen oder es auch einfach nur putzen wollen, reagieren wir hingegen schnell genervt, wenn das Pferd seinen Huf hebt (weil ihm das vielleicht ungewohnt, unangenehm oder unheimlich ist). In diesen Fällen bekommt das Pferd nicht selten Ärger fürs „Herumzappeln“, ohne dass wir uns klarmachen, dass es ja gar nicht wirklich wissen kann, wann es nun den Huf heben soll und wann nicht, wenn wir immer dasselbe machen – also das Bein anfassen. Mal gibt es Ärger fürs Nichtheben des Beines, dann gibt es welchen für das Heben des Hufes. Das ist natürlich höchst verwirrend für ein Pferd und so kann das Hufegeben schnell stressbehaftet oder sogar vergiftet werden.
Klare Signale für eine klare Kommunikation
Überlegen wir doch einmal: Jedes Pferd hebt problemlos sein Bein, wenn es eine Fliege verscheuchen will. Hier tut es das aus eigenem Antrieb heraus. Es steht dabei sicher und ausbalanciert und hat keinen Stress, höchstens vielleicht durch das Kitzeln der Fliege. 😉
Und genau so können wir unserem Pferd beibringen, seinen Huf auf ein kleines Signal hin von sich aus zu heben. Das ist viel leichter als oft vermutet, erfordert nur ein bisschen Konsequenz von uns. Ich beachte dabei die folgenden Punkte:
- Zunächst überlege ich mir ein eindeutiges Signal, welches das Pferd gut erkennen kann und das ihm nicht unangenehm ist, also zum Beispiel ein Stimmsignal oder ein Antippen oder auch nur ein Zeigen zum Bein.
- Ich belohne jede noch so kleine richtige Reaktion prompt, also auch schon das erste Zucken des Beines.
- Hebt das Pferd sein Bein nicht, wirke ich nicht stärker ein und ich schimpfe und strafe auch nicht, sondern ich warte auf den entscheidenden Moment, den ich belohnen kann. Für den Anfang kann ich mit einer Gerte ein bisschen „Fliege“ spielen (vorausgesetzt, das Pferd hat keine Angst vor Gerten!).
- Wenn das Pferd das Bein hebt, schnappe ich mir nicht sofort seinen Huf und halte ihn fest, sondern ich etabliere erst einmal das Heben des Beines als etwas vollkommen Selbstverständliches. Erst wenn das wirklich sitzt, berühre ich sanft das Bein und schau, ob es für das Pferd okay ist, wenn ich meine Hand darum lege. Das längere Halten des Hufes erarbeite ich mir dann einfühlsam und Schritt für Schritt – immer darauf achtend, dass mein Pferd freiwillig und entspannt mitmacht. Den Huf lasse ich dann auch nicht einfach fallen, sondern setze ihn sanft ab.
- Sollte mal durch ein doofes Erlebnis, wie z.B. ein Hufgeschwür oder ein Erschrecken beim Auskratzen die Sache wieder nicht mehr so gut laufen, erarbeite ich es mir neu (das geht in der Regel sehr schnell).
Hufe geben – so geht es ganz einfach!
Hier seht Ihr, wie Anthony seinen Huf nur auf ein Zeichen hin von sich aus anhebt – vorne und auch hinten:
Parallel dazu übe ich, dass er den Huf am Boden lässt, wenn ich sein Bein anfasse und entlangstreiche, da ich zum Beispiel beim Verarzten von Wunden oder beim Putzen gerne möchte, dass er den Fuß nicht hochhebt:
Hier noch mal gut zu sehen: Anthony hebt den Huf selbst und erst dann erst nehme ich ihn, um ihn auszukratzen:
Und dasselbe hinten:
Wie auf den Bildern zu sehen ist, kann ich Anthony frei die Hufe auskratzen, denn für ihn ist dabei nichts Stressiges. Das ist immer ein guter Test für mich. Ich lobe und belohne das Hufe geben auch später immer wieder, damit es eine positiv besetzte Sache bleibt!
Extra-Tipp: Es sehr sinnvoll sein, das Heben der Hufe mit verschiedenen Personen zu erarbeiten und zu üben, denn nur weil ein Pferd lernt, einem Menschen zu vertrauen, wird es nicht automatisch jedem seinen Huf geben wollen. Da aber das Heben der Hufe auch bei anderen Menschen wichtig ist, also zum Beispiel bei der Hufpflege oder für nötige Kontrollen oder Behandlungen, sollte es auch daran gewöhnt werden und es entspannt auszuführen.
Lesetipp: Versteh Dein Pferd
Trotz blickkontakt und Info Huf hat das 5 jährige pferd keine Lust alle Hufe zu heben sorry
Hallo Sabine,
ich würde in Frage stellen wollen, ob das eine „Lust-Sache“ ist, denn gerade bei einem fünfjährigen Pferd sind es sehr oft Balance-Probleme oder auch ein Nicht-Verstehen darüber, was gewollt ist. Nimm Dir Zeit, das wirklich kleinschrittig und mit viel Geduld aufzubauen und damit eine gute Basis für alle weiteren Huf-Themen zu schaffen.
Herzlich,
Tania
Hallo Tanja, wir haben einen riesigen 12jährigen Norikerwallach, der 9 Jahre lang mehr oder weniger wild gelebt hat. Seit 3 Jahren bemühen wir uns, ihm das Fohlen-ABC nachträglich beizubringen. Hufe geben ist kaum möglich, bei ihm treten auch Shivering-Symptome auf.
Nun hat er ein Hufabszess und starke Schmerzen. Nach den ersten tierärztlichen
Behandlungen gibt er uns den Huf kaum noch, d.h., wir können auch keinen Verband
anlegen. Wir versuchen es täglich aufs Neue mit viel Ermutigung und Lob für die kleinsten Schritte, aber natürlich sind wir schon ziemlich frustriert und wissen nicht mehr weiter.
Hast du einen Tipp für uns? Danke und liebe Grüße
Andrea
Liebe Andrea,
oje, da ist es mit Tipps nicht so einfach. Wenn etwas, was ein Pferd nicht gerne macht zusätzlich auch noch mit Schmerzen und mit der Notwendigkeit einer Behandlung verbunden ist (also mit Zeit- und Erwartungsdruck), wird es sehr, sehr schwer. Versucht Ihr den Huf durch physische Einwirkung hochzuheben (Berührung, Anfassen o.Ä.)? Mein Ziel wäre, dass er den Huf alleine hochhebt. Das jetzt in dieser Situation zu üben, ist natürlich nicht optimal, aber das Wichtige wäre aus meiner Sicht, ihn zumindest Du einem Hauch von „Ja“ zu bekommen und das schafft man in der Regel am besten, wenn sie etwas selbst tun können…
Lieber Gruß,
Tania
Hallo, ich kümmere mich um ein 16 jähriges Kaltblut ( ist ein Wallach) , das sehr schwerfällig bis garnicht seine Hufe geben will!!! Dabei ist es völlig egal, wie man an die Sache rangeht . Ob mit Gerte am Bein touchieren/ anticken und dabei mehrmals Huf sagen und schnalzen. Dem Pferd ist es sch****egal. Es ist richtig stur. Hufe auskratzen dauerte einmal fast eine Stunde!!!
Ich weiß nicht, was ich noch machen soll. Bin wirklich ratlos.
Sandra
Liebe Sandra,
Deine Zeilen klingen ganz schön nach Wut, … nur ist wütend zu werden selten eine gute Idee. Klar ist es frustierend, wenn etwas, das man möchte, nicht klappt. Aber dennoch ist die Frage, wie man das, was man vom Pferd möchte, ihm so angenehm wie möglich machen kann, viel sinnvoller. Versuch vielleicht erst einmal Deine eigene Stimmung dem Pferd gegenüber zu verändern und weniger zu fordern als einzuladen. Pferde spüren das ganz genau. Versuch ihn liebevoll zum Anheben des Beins zu motivieren und nicht im Befehlston, ein leichtes Kitzeln ist oft viel wirkungsvoller als eine stärkere Einwirkung. Lobe darüber jedes Anheben des Hufes und FREU Dich ehrlich darüber. Wie Du selbst feststellst, ist es eben nicht selbstverständlich, dass sie uns die Hufe geben. Hab Geduld, es ist zu schaffen.
Herzlich,
Tania
Hallo!
Ich habe einen 6-jährigen Isländerwallach, der seit einiger Zeit seine Vorderhufe nicht hergeben möchte.
Leider beginnt er damit „herumzuschaufeln“ – da fällt es mir sehr schwer, seiner Beine / Hufe habhaft zu werden.
Die Hinterhufe hebt er meist freiwillig hoch.
Beim Hufschmied zeigt er dieses Vorgehen überhaupt nicht.
Es hat also eher etwas mit mir als Person zu tun.
Ich empfinde diese Situation auch manchmal
als gefährlich.
Medizinisch gesehen gibt es keine Probleme.
Liebe Grüße Bia
Hallo Sabine,
ich würde erstmal üben, dass er sein Bein von sich aus ruhig hochhält – auch das ganz kleinschrittig. Der Versuch, das Bein eines Pferdes zu „fangen“, um es festzhalten, trifft gerade bei so ursprünglichen Rassen (wie Isländer es noch sind), oft auf natürliche Instinkte. Erarbeite es Dir lieber, dass er aktiv mitarbeitet 😊
Herzlich,
Tania