Warum Verstehen viel wichtiger ist …
Zu steif, zu respektlos, zu langsam, zu „dominant“, zu dick, zu untrainiert … Pferde bewerten, das ist für uns so normal, dass wir gar nicht mehr drüber nachdenken, geschweige denn es hinterfragen. Aber worauf basieren unsere Labels und Bewertungen und liegen wir mit ihnen auch immer richtig? Wäre es nicht viel wichtiger, ein Pferd erst einmal zu verstehen, bevor wir es in Schubladen packen? Lies weiter, wenn Du dazu mehr erfahren möchtest.
Tipp: In meinen Webinaren vermittle ich, was es braucht, damit wir nicht gleich auf gewohnte Interpretationen von Pferdeverhalten aufspringen, sondern wirklich erst einmal wahrnehmen, was ist.
Wie schaust Du auf Dein Pferd?
Im Umgang und Training mit Pferden sind wir alle ganz schön auf Leistung getrimmt. Wir wollen unsere Pferde gut erziehen und fit halten und hören ständig, was sie alles können und tun sollen – und was sie auf keinen Fall dürfen. So haben wir eine Vielzahl von Vorstellungen davon,
- wie eine Trainingseinheit aussehen soll,
- was das Pferd tun oder lernen soll,
- wie es sich bewegen soll,
- wie es reagieren soll,
- was es alles nicht tun soll usw.
Durch all unsere Erwartungen und das, was andere zu uns über unser Pferd sagen, bewerten wir unser Pferd unbewusst ständig. Entspricht es unseren Erwartungen (oder denen von anderen) ist es „gut„, tut es etwas nicht oder anders, ist es „nicht gut„. Und genau das hat Folgen, denn Pferde spüren unsere Bewertungen sehr genau. Manche von ihnen versuchen dann alles, um uns zu gefallen, andere gehen dagegen an. Und wieder andere machen irgendwann einfach dicht…
Auch uns selbst kann das ständige Bewerten kirre machen. Schließlich hört man von jedem etwas anderes. Einer bezeichnet unser Pferd als „respektlos“, auf die Nächste wirkt es „unterdrückt“, wieder eine Andere sagt, es ist „gestresst“. Dann hören wir, dass wir unser Pferd zu wenig trainieren, im nächsten Moment überfordern wir es und noch jemand weist uns darauf hin, dass unsere Art des Trainings grundsätzlich nicht richtig ist, weil nur diese und jene Methode Sinn macht. Und so wissen wir bald gar nicht mehr, was wir denken solle. Dadurch geht viel Freude und Leichtigkeit verloren.
Perfektion ist eine Illusion
Mach Dir bitte eines bewusst: Wir leben in einer sehr (be)wertenden Gesellschaft, in der fast alles immer sofort in „gut“ oder „schlecht“ eingeordnet wird, bzw. in Daumen hoch oder runter. In den sozialen Medien wird ständig verglichen und in Sekundenbruchteilen in gut oder nicht gut unterschieden, sprich Herzchen oder nicht. Was viele nicht beachten: Hinter diesem Prinzip steckt knallhartes Marketing. Dadurch, dass Perfektion als ein erreichbares Ziel beschworen wird, erzeugt das den dringenden Wunsch oder Anspruch, sie zu erreichen. Wer möchte denn nicht das Beste für sein Pferd?! Da aber Perfektion schlicht und einfach nicht möglich ist, ist das Ergebnis ständige Unzufriedenheit. Und über ein Mangelbewusstsein lässt sich bestens verkaufen. Je „schlechter“ wir unser Pferd bewerten, desto mehr freuen sich die Verkäufer. Unzufriedenheit sorgt zuverlässig für Verkäufe, denn wir suchen oft verzweifelt nach DER (Er-)Lösung – die es aber so fast nie gibt.
Ich möchte dazu anregen, aus diesem Pferde-bewerten-Irrsinn auszusteigen. Wir dürfen das marketingorientierte Bewertungs- und Leistungsdenken nicht auf unsere Pferde übertragen, sondern es gilt, hier wieder zu einem gesunden Maß zurückzufinden. Ein Maß, das sich am Pferd orientiert und nicht an lauten Stimmen.
Besser verstehen als Pferde bewerten
Wer aufgrund von knackigen Parolen und Behauptungen, ständigen Vergleichen, mitunter massiven Fehlinformationen oder veraltetem Wissen sein Pferd bewertet, wird ihm nicht gerecht. Es ist deshalb wichtig, immer wieder innezuhalten, um mit etwas Abstand, gesundem Menschenverstand und der nötigen Empathie so gut es geht, die gesamte Situation zu erkennen. Wenn Modethemen, mit denen sich gerade gut verdienen lässt, unseren Blick leiten, verlieren wir schnell das aus dem Auge, was wirklich sinnvoll für unser Pferd ist. Aber genau darum muss es gehen:
- Zunächst unser Pferd mit seiner Persönlichkeit und seiner aktuellen Befindlichkeit zu erkennen,
- unsere jeweilige Gesamtsituation (und Geschichte) und das tatsächlich Mögliche zu beachten,
- bewusst wahrzunehmen, in welcher Phase wir vielleicht gerade sind und um welche Themen es jetzt geht und
- was gerade jetzt für UNS – also für unser Pferd und uns selbst – sinnvoll und angemessen ist.
Und dafür müssen wir viel mehr verstehen statt bewerten.
Lesetipps: Tanias Freiraum-Training und Versteh Dein Pferd
Liebe Tania,
deine Gedanken und Worte zum neuen Blogbeitrag „Pferde verstehen statt bewerten“ sind goldwert und sprechen mir einfach zu 100% aus der Seele: für Pferd & Mensch!
Es tut gut diese Einstellung nochmal so klar formuliert lesen zu dürfen und gibt mir Entspannung und Zuversicht.
Liebe Grüße, Anna
Liebe Anna,
ganz herzlichen Dank, ich freue mich riesig über Deine Rückmeldung.
Alles Liebe,
Tania