Pferdefreundlich entscheiden

Geschrieben von Tania Konnerth

Tania ist Autorin und Pferdecoach. Sie schreibt seit vielen Jahren für Blogs und Zeitschriften, hat diverse Bücher veröffentlicht und coacht Pferd-Mensch-Paare. Sie wünscht sich vor allem, dass Pferde besser verstanden werden.

… im Kleinen, wie im Großen

Was heißt eigentlich „pferdefreundlich entscheiden“? Für mich beginnt das, noch bevor wir überhaupt praktisch etwas mit dem Pferd tun. Und ich glaube, dass wir uns oft gar nicht bewusst darüber sind, wodurch wir alle die Pferdewelt aktiv mitgestalten – und wo es eben wichtig ist, wirklich pferdefreundliche Entscheidungen zu treffen.

Unsere Rolle im System

Mit jeder Entscheidung

  • für ein Produkt,
  • für ein Angebot,
  • für ein Buch,
  • für eine*n Trainer*in
  • für eine Facebook-Seite oder einen Instagram Account,
  • für das Anschauen eines Videos oder eine Fernsehsendung,
  • für den Besuch einer Veranstaltung oder Show,

tun wir etwas für oder gegen mehr Pferdefreundlichkeit. Buchungen von dominanzorientierten Ausbildungskonzepten, Zubehör, das Pferden ihre Ausdrucksmöglichkeiten nimmt, Verharmlosung von Gewalt gegen Pferden und auch all die „ach so niedlichen“ Fotos oder Videos von Pferden in Situationen, die für sie in Wahrheit stressauslösend sind, sind nicht pferdefreundlich.

Wir haben als Nutzerinnen und Konsumenten viel größere Einflussmöglichkeiten und als Teil der sozialen Medien bedeutendere Wirkung auf andere Menschen, als uns oft bewusst ist. Unsere Einkäufe bestimmen Produktionslinien. Solange also scharfe Gebisse, Sporen und Hilfszügel gekauft werden, werden sie auch angeboten. Ein unscheinbares Herzchen unter einem Bild, auf dem ein Pferd mit eng verschnürtem Sperrriemen zu sehen ist, oder das Teilen eines Bildes von einem Pferd, das Stress hat, führt zu mehr Aufmerksamkeit für etwas, das nicht pferdefreundlich ist. Die Teilnahme an einem Gewinnspiel einer Aktion oder das Anschauen einer Fernsehsendung, bei der Pferde zu Showzwecken missbraucht werden, macht genau das salonfähig. Sich das einmal wirklich bewusst zu machen, sensibilisiert dafür, wie gedankenlos wir oft sind.

Keine Kleinigkeiten!

Es kommt hier tatsächlich auf die „Kleinigkeiten“ an, die so unbedeutend erscheinen, es aber eben in der Summe nicht sind. Den Preis dafür zahlen die Pferde. Damit sich daran und am Gesamtsystem etwas ändert, müssen wir den Anfang machen. Und ganz praktisch geht es dann natürlich auch um die vielen Entscheidungen, die wir täglich unserem Pferd gegenüber treffen – im Umgang, im Training und Miteinander, 

Pferdefreundlichkeit braucht auf allen Ebenen einen offenen und ungeschönten Blick darauf, was falsch läuft, in Bezug auf welche Themen wir noch an uns arbeiten und dazulernen müssen und die ehrliche Bereitschaft, sich weiterzuentwickeln und zu wachsen und eben auch zu ändern. Und das nicht aus Schuldgefühlen oder einem schlechten Gewissen heraus, sondern mit dem Blick darauf, die Beziehung zu unserem Pferd zu vertiefen und schöner zu gestalten. 

Aus: Versteh Dein Pferd

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