– für mich die wichtigste Basisübung
Wann immer ich zu Coachings komme, achte ich als Erstes darauf, ob die für mich wichtigste Basis-Übung zwischen Mensch und Pferd klappt. Und zwar ist das ein entspanntes Stehen mit dem Pferd. Du fragst Dich vielleicht, was daran eine Übung sein soll und warum gerade das so wichtig ist? Dann lies weiter!
Lesetipps zu diesem Thema: Versteh Dein Pferd + Tanias Freiraum-Training
Unscheinbar, aber sehr bedeutsam
Fast alles, was wir mit unseren Pferden tun oder erreichen wollen, ist auf Aktivität ausgelegt. Putzen, führen, longieren, reiten … – so gut wie immer geht es ums Tun und um Bewegung. Hier bringen wir ein sehr menschliches Element in die Welt der Pferde. Für sie spielt nämlich gerade im Miteinander etwas anderes eine viel größere Rolle: nämlich das entspannte Beieinanderstehen.
Natürlich tun Pferde auch was miteinander. Sie fressen und wandern zusammen, betreiben Fellpflege und spielen auch mal. Aber das, was in Bezug auf die Beziehung und das Miteinander am wichtigsten ist, ist das gemeinsame Stehen. Hierüber definieren Pferde Freundschaften und auch ihre Grenzen.
Leider klappt nun aber das entspannte Stehen zwischen Mensch und Pferd oft gar nicht so gut! Für mich ist das genau der Punkt, an dem ich ansetze, um die Beziehung zu verbessern.
Entspanntes Stehen mit dem Pferd – gelingt es Dir?
Das häufigste Problem beim entspannten Stehen ist, dass es leider meist nicht entspannt ist. Auf den ersten Blick scheint es dann das Pferd zu sein, das den Menschen bedrängt, um Futter bettelt oder nicht ruhig stehenbleiben mag. Schaut man genauer hin, liegen die Ursachen aber fast immer klar bei uns Menschen!
Überprüfe es einfach mal selbst: Kannst Du mit Deinem Pferd auf dem Reitplatz, in der Halle oder auf einem Weg einige Minuten ruhig und locker nebeneinander stehen? Wenn ja: Wie fühlt es sich an? Wenn nein: Was genau passiert?
Ich möchte Dich anregen, das entspannte Stehen mit Deinem Pferd wirklich bewusst als Übung anzugehen, und zwar mit dem Ziel, dass es ein gutes Erlebnis für Euch beide wird. Das wird Eure Beziehung deutlich verbessern und Du kannst auf diese Weise jederzeit für eine angenehme und nährende Pause sorgen (… etwas, das leider oft zu kurz kommt).
Tipp: Hier sind Videoaufnahmen von sich selbst mit dem Pferd höchst hilfreich! Oft merken wir nämlich gar nicht, wie unruhig und uneindeutig oder manchmal auch genervt wir dabei sind … Einfach mal still zu stehen, ist für viele von uns tatsächlich eine echte Herausforderung und Nichts zu wollen, eine Kunst.
Worum geht es?
Hier zwei Beispiele, wie entspanntes Stehen mit dem Pferd bei mir aussieht – einmal im Freiraum-Training und beim Reiten (zu Beginn, als Pause zwischendurch und am Ende):
Beim gemeinsamen Stehen spielt der Abstand eine ganz große Rolle! Er darf so nah sein, dass Kontakt möglich ist, sollte aber immer groß genug sein. Das gilt besonders bei eher aufdringlichen Pferden oder wenn die Stimmung energievoll ist. Wie groß ein guter Abstand ist, kann je nach Pferd und Situation variieren.
Und mir ist es wichtig, dass das Zusammenstehen auch dann entspannt bleibt, wenn es zum Beispiel zu Kontakt und zu Berührungen kommt oder ich ein Futterlob gebe:
Für Entspannung ist Abstand entscheidend
Gemeinsames Stehen ist oft deshalb unentspannt, weil wir eine Sache nicht beachten: den Abstand! Wir möchten meist viel mehr Nähe, als es für die Situation oder auch die Beziehung angemessen ist, und sorgen dadurch ungewollt für Stress. Es gilt zu verstehen, dass Pferde ihre Beziehungen über den Abstand gestalten und wie wir das dann selbst auch tun können.
Ich persönlich beginne so gut wie immer damit, dass ich vor dem Pferd stehe und es bitte, auf auf ein kleines Zeichen (oder auch ein Wort) etwas mehr Abstand zu mir einzunehmen. Das Ganze soll so fein und freundlich wie möglich stattfinden und nicht als Maßregelung oder gar Strafe.
Anthony geht hier auf einen leichten Fingerzeig einen Schritt rückwärts:
Zu Beginn wird die Sache oft klarer, wenn ich die Peitsche ganz leicht und freundlich auf dem Boden bewege – wichtig: NICHT drohen!!!
Zur Verdeutlichung und um das Ganze angenehm zu machen, belohne ich dann gerne die Höflichkeitsgeste (denn das ist das Abstand-Einnehmen für Pferde). Damit übe ich auch gleich noch das entspannte Stehen beim Füttern.
Wichtig: Belohne gezielt auch das einfache Stehen, damit das Pferd erkennen kann, dass es hier nicht um die Rückwärtsbewegung geht. Sonst kann es passieren, dass das Pferd gleich wieder näher kommt, um dann erneut rückwärts zu gehen, weil es denkt, das ist gewollt. Auf Abstand zu gehen und Abstand einzuhalten sind zwei verschiedene Aspekte und das muss deutlich sein.
Für Pferde ist entspanntes Stehen mit Abstand ganz normal
Grundsätzlich ist es für Pferde übrigens untereinander vollkommen selbstverständlich, jederzeit bereit zu sein, auf etwas mehr Abstand zu gehen. Das gehört zum guten Ton und sichert ein harmonisches Miteinander. Da unsere Pferde oft in von uns zusammengestellten Gruppen und zusätzlich auf meist sehr begrenzten Flächen leben, sieht man in Menschenobhut deutlich mehr Streitigkeiten unter ihnen als in freier Wildbahn.
Wir Menschen beachten die Bedeutung des Abstands leider kaum, sondern gehen – oft ziemlich unachtsam – jederzeit so nah an unser Pferd, wie wir möchten. Viele von uns sehen das als „ihr gutes Recht“. Daber übersehen wir aber, dass in der Folge dann viele Pferde ihrerseits unhöflicher werden. Hier sind also wir, die etwas ändern müssen und genau das lohnt sich! Ich kenne wenig, das die Beziehung zum Pferd so schnell und unkompliziert zum Positiven verändert, wie entspanntes Stehen mit dem Pferd.
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