Machtmissbrauch in der Freiarbeit

Geschrieben von Tania Konnerth

Tania ist Autorin und Pferdecoach. Sie schreibt seit vielen Jahren für Blogs und Zeitschriften, hat diverse Bücher veröffentlicht, gibt Webinare und coacht Pferd-Mensch-Paare. Sie wünscht sich vor allem, dass Pferde besser verstanden werden.

Wie „Frei“ ist Freiarbeit?

Seit weit mehr als zwanzig Jahren befasse ich mich intensiv mit verschiedenen Formen der Freiarbeit und habe mir die unterschiedlichsten Trainer*innen dazu angeschaut. Statt Freiwilligkeit fand ich leider vor allem Trainingsmethoden, die darauf basieren, dass natürliches Pferdeverhalten genutzt wird, um Macht und Kontrolle zu gewinnen. Bis heute werden diese Trainingsansätze als „pferdegerecht“ oder gar „pferdefreundlich“ bezeichnet und mit Begriffen wie „Freiwilligkeit“, „Vertrauen“ und „Freiheit“ beworben. So kann es leicht passieren, dass man selbst, obwohl man ganz anderes im Sinn hat, unter entsprechender Anleitung Macht über ein Pferd ausübt und diese auch missbraucht. Und genau dafür möchte ich hier sensibilisieren.

Macht über das Raumverhalten

Wir Menschen können mit Pferden wirkungsvoll über das Raumverhalten kommunizieren. Dieses Wissen ist nicht neu, sondern wird in der „Freiarbeit“ leider oft gezielt dafür eingesetzt, um Pferde bis ins kleinste Detail kontrollieren zu können, … obwohl es auch ganz anders geht.

Für Pferde als Fluchttiere ist es extrem wichtig, immer genug Raum zu haben, denn das ist im Ernstfall überlebensentscheidend. Jede gezielte Einschränkung der Bewegungsmöglichkeiten kann Pferde deshalb in große Not bringen. In verschiedenen Formen der Gebrauchsreiterei weltweit wurden (und werden noch immer) Pferde wortwörtlich „eingebrochen“. Dafür nimmt ihnen der Mensch sämtliche Möglichkeiten zur Flucht oder Gegenwehr, bis sie aufgeben. Ist der Wille auf diese Weise gebrochen, stellt das quasi unbedingten Gehorsam sicher.

Dieses grausame Vorgehen wurde später durch eine vermeintlich sanftere Methode ersetzt: dem Join-Up. Hier arbeitet der Mensch mit dem Pferd in einem „Round-Pen“. Ein Round-Pen ist ein kleiner, hoch eingezäunter Kreis (manchmal sogar mit einem Sichtschutz versehen). Sinn ist, dass der Mensch hier spielend leicht jede Bewegung des Pferdes kontrollieren kann: Es kann nicht weg, es kann sich in keine Ecke stellen, es kann nur im Kreis rennen. Und genau das tut es, bis es aufgibt und sich dem Menschen zuwendet. Was dann als „Vertrauensbeweis“ bezeichnet wird, ist aber nichts anderes als ein Aufgeben. Ich vergesse nie eine Messe-Präsentation eines bekannten amerikanischen Trainers, der mit einem sehr aufgebrachten „Problem“-Pferd im Round-Pen arbeitete und, als es verzweifelt wieherte, lachend rief: „Look he is crying for help!“ („Schaut, er ruft um Hilfe!“) – und genau das tat das Pferd. Nur leider half niemand …

Macht über Bewegung heißt Macht über das Pferd

Es ist aus meiner Sicht sehr wichtig zu verstehen, wie viel Macht wir allein über eine starke Begrenzung der Bewegungsmöglichkeiten eines Pferdes gewinnen und wir sollten Freiarbeit aus diesem Blickwinkel kritisch betrachten. Das gilt vor allem dann, wenn wir wirklich mit unserem Pferd kommunizieren wollen und nicht nur Befehle erteilen. Dann sieht vieles schon deutlich anders aus, als es in der Werbung präsentiert wird…

Ich arbeite in meinem Freiraum-Training am liebsten auf großen Plätzen oder auch auf einer Wiese, weil das Pferd jederzeit wirklich die Möglichkeit haben soll, wegzugehen. Ist es zu beengt, sehe ich vom Freiraum-Training ab.

Noch mehr Macht können wir gewinnen, wenn wir (oft) bewusst provozierten „Ungehorsam“ über Raumverhalten maßregeln. In der herkömmlichen Freiarbeit wird ein angeblich „unaufmerksames“ oder „dominantes“ Pferd zum Beispiel in „die Ecke gestellt“. Dabei beansprucht der Mensch durch Druck den gesamten Raum und lässt dem Pferd nur noch eine Ecke übrig. Es kann aus dieser misslichen Situation nur heraus, wenn es sich dem Druck machenden Menschen zuwendet – also wieder aufgibt.

Macht durch Verunsicherung

Damit sind wir bei einem weiteren Machtmittel, das in sehr vielen Formen der Freiarbeit eingesetzt, manchmal ganz offensichtlich, manchmal aber auch höchst subtil: nämlich die Verunsicherung.

Pferde sind als Fluchttiere durch jedes unerwartete Verhalten und durch plötzlichen Druck, der für das Pferd nicht vorhersehbar war, stark zu verunsichern. Hier wird mit ganz verschiedenen Elementen gearbeitet, wie

  • durch abruptes, druckvolles Rückwärtsrichten oder Weichenlassen, damit das Pferd besser aufpasst oder reagiert,
  • ein aggressives Wegschicken oder Scheuchen als „Erziehungsmaßnahme“
  • ein Vor-das-Pferd-springen, um es zu stoppen,
  • durch das Werfen eines Seils an die Flanke oder zwischen die Beine,
  • dem Einsatz von Schreck und Schmerzen durch schnelle, plötzliche Peitschenschläge auf empfindliche Stellen des Körpers, also auf Leiste, Nase oder Ohren
  • und dergleichen mehr.

Handlungen wie diese und das so oft angeleitete „Raubtierverhalten“ (also sich ducken, das Pferd mit einem starren Blick fixieren u.Ä.) bringen Pferde in eine dauerhafte Hab-Acht-Haltung, denn so erzeugen wir Angst. In der Folge muss das Pferd über kurz oder lang eine (Er-)Lösung bei genau dem Menschen suchen, der es in diese Situation bringt. Der entscheidende Punkt: Damit gewinnen wir nicht Vertrauen, sondern Macht. Ich habe solche Maßnahmen leider in fast allen Formen der so genannten „Freiarbeit“ und im Horsemanship gesehen und das auch bei Trainern*innen, die von ihren Worten her ganz anderes vermitteln und Verunsicherung fast unsichtbar nutzen. Diese subtile Art der Gewalt ist tatsächlich oft kaum zu erkennen, weshalb es ganz wichtig ist, sehr achtsam zu sein.

Es gilt: Berechenbarkeit ist der Schlüssel zu Vertrauen,
Unberechenbarkeit der Schlüssel zu Macht.

Checkliste für die Einschätzung eines freien Trainings

Diese Checkliste stammt aus meinem Freiraum-Training – nutze sie dazu, um verschiedene Arten der Freiarbeit besser einschätzen zu können. 

Wichtig: Ton aus! Mach bitte, wenn Du Dir Videos anschaust, den Ton aus und halte Dir, wenn Du live eine Vorführung siehst, ruhig mal die Ohren zu. Wir werden stark durch Musik und Worte beeinflusst. Um besser neutral wahrnehmen zu können, ist es hilfreich, mal nur zu sehen und zu fühlen. Trainer*innen sagen oft sehr viel und ihre Worte lenken unseren Blick und färben unsere Wahrnehmung. Stimmungsvolle, dramatische Musik verklärt auch so manches. Deshalb: Ton aus, Augen + Herz auf! 

Wie ist das Setting? 

  • Wie viel freien Raum hat das Pferd zur Verfügung? 
  • Kann der Mensch es mit wenig Aufwand jederzeit an jedem Punkt des Raumes erreichen oder kann sich das Pferd dem physischen Einfluss entziehen? 
  • Wie stark ist der Mensch in seiner Körperpräsenz und nutzt er psychischen Druck?
  • Ist das Verhalten des Menschen für das Pferd einschätzbar? Oder wird mit gezielten Verunsicherungen des Pferdes durch plötzliche Aktionen gearbeitet? 

Einflussnahme des Menschen

  • Welche Intention scheint der Mensch zu haben, unabhängig von seinen Worten? Was ist sein Ziel?
  • Gibt es klare Übungen, die das Pferd ausführen soll und wie nachdrücklich wird dafür gesorgt, dass das Pferd tut, was gewünscht wird?
  • Kann das Pferd eigene Ideen entwickeln und umsetzen? Darf es „nein“ sagen?

Wie ist die Grundstimmung? 

  • Was nimmst Du beim Pferd wahr? 
  • Welche möglichen Stressanzeichen oder Beschwichtigungssignale kannst Du wahrnehmen, welche Anzeichen von Freude und Leichtigkeit? 
  • Gibt es Momente oder Phasen von Entspannung und Fröhlichkeit?
  • Wächst und strahlt das Pferd oder wird es kleiner und stummer?

Lesetipp: Tanias Freiraum-Training – denn auch Freiarbeit geht anders.

Machtmissbrauch in der Freiarbeit

12 Kommentare

  1. Das interessanteste war für mich die Checkliste. Ich arbeit seit über 50 Jahren mit Pferden. Habe viel erlebt und viel gelernt. Viele „Trainer“ erlebt, viel versucht und viel verworfen. Seit 3 Jahren arbeite ich fast nur an mir, an meiner Ruhe, meiner Atmung und kontrolliere meinen Anspruch. Meine zwei Pferde, verstehen mich jetzt viel besser und sind viel zufriedener. Sie bleiben bei mir und wirken zufrieden. Ich habe allerfings auch schon vieles mit ihnen erlebt und durchgemacht. Sie sind 21 und 16 Jahre alt. Ich empfehle deshalb allen, erst bei sich anzuklopfen und zu schauchen. Für mich der Schlüssel für eine gute Zusammenarbeit

    Antworten
    • Herzlichen Dank für Dein Feedback.
      Das klingt wunderbar – vor allem mag ich das „erst bei sich anzuklopfen und zu schauen“.
      Alles Gute,
      Tania

      Antworten
  2. Vielen vielen Dank für diesen großartigen Artikel. Genau die hier an der „normalen“ Freiarbeit kritisierten Punkte haben mich schon immer zweifeln lassen, ob hier wirklich Vertrauen oder nur Unterwerfung erzeugt wird. Für mich war das so nie stimmig, denn echtes Vertrauen beruht auf Freiheit und Freiwilligkeit, auf freiwillige beidseitig gewollte Kooperation und nicht auf Druck und Zwang.
    Natürlich müssen wir uns als Menschen auch dessen bewusst werden, dass das bedeutet, eben nicht immer vom Pferd zu bekommen, was wir „wollen“. Denn eine freie Entscheidung darf auch eine Entscheidung „gegen uns“ sein (in dem Sinn zu verstehen, dass das Pferd eben mal nicht mit uns mitarbeitet, sondern beispielsweise lieber grasen geht). Wenn wir dann aber dem Pferd nicht seine Freiheit lassen, war`s das mit dem Vertrauen.

    Entweder, wir respektieren das Pferd als eigenes Lebewesen mit einem eigenen Recht zu entscheiden, oder wir respektieren es nicht. Mehr braucht es dazu nicht zu sagen, denn alles andere ist Heuchelei in Bezug auf unsere wahren Absichten.

    Antworten
    • Hallo Martin,
      auch Dir ein herzliches Dankeschön für Deine Rückmeldung und Zeilen. Ich hoffe sehr, dass immer mehr Menschen genauer hinfühlen und sich immer weniger von geschickten Formulierungen manipulieren lassen …
      Was Du schreibst, ist sooo wahr! Genau der Punkt, sich dafür zu öffnen, Pferden auch eigene Entscheidungen zuzugestehen, ändert so viel im Miteinander und auch in uns selbst. Zum Guten!
      Herzlich,
      Tania

      Antworten
    • Hallo in die Runde,
      Auch ich finde den Artikel super spannend und auch wichtig die Dinge nicht nach dem was uns verkauft wird, sondern nach dem was wir sehen zu beurteilen und versuchen neutral die Dinge auf uns wirken zu lassen!
      Bei deinem Satz Martin, dass wenn wir dem Pferd nicht seine Freiheit lassen wars das mit dem Vertrauen bin ich ins Grübeln gekommen wie du das meinst. Beziehst du das auf alle Bereiche? Denn wenn ich beispielsweise mit meinem Pferd spazieren gehe, habe ich es am Halfter und wenn es sich erschreckt halte ich auch fest, damit es nicht auf die Straße rennen kann und setze somit einen Impuls, der die Freiheit des Pferdes einschränkt. Wie siehst du das? Gehst du mit deinen Pferden dann gar nicht raus oder setzt du dort auch Grenzen? Und glaubst du, dass dieses Verhalten das Vertrauen des Pferdes negativ beeinflusst?
      Ich persönlich frage mich dann immer, ob die absolute Freiheit das ist, was wir ihnen geben können (und wollen).
      Ich bin Biologin und habe mit verschiedenen Wildtieren gearbeitet, dort ist es selbstverständlich nur mit positiver Verstärkung zu arbeiten, denn man will keine Beziehung aufbauen, sondern beispielsweise nur bestimmte Verhaltensmuster trainieren, die die wissenschaftliche Forschung über sie und damit ihre Schutz möglich macht. Ansonsten möchte man sie aber in ihrer Welt komplett vom Menschen unabhängig behalten, heißt man bestraft auch nicht wenn sie Dinge der Kameras klauen o.Ä. Mit Wildpferden stelle ich mir diese Art von Einstellung ähnlich vor (und glaube dass man trotzdem darüber natürlich wenn man möchte auch Beziehung aufbauen kann).
      Bei domistizierten Pferden, die bestimmte Dinge definitiv tun sollen (als Fluchttier nicht auf eine Straße rennen Als Beispiel) frage ich mich, ob es vertretbar ist Grenzen zu setzen. Im Gegensatz zu obigen beschriebenen Szenarien lassen Menschem aus Sicherheitsgründen in der Regel die entsprechenden Verhaltensweise nicht alleine das Pferd entscheiden.
      Ich frage mich, ob es nicht auf das Maß und die Situation ankommt und die Frage, ob ich mir bewusst darüber bin, dass und wann ich die Freiheit einschränke und was wirkliche Wahlbeziehung heißt (zb dass das Pferd sich nicht aufgrund von Peitschenschlägen und entsprechenden empfundenen Druck dazu gezwungen fühlt herzukommem, weil dort in der Regel der Druck aufhört und das als Freiheit zu bezeichnen, Weil kein Halfter dran ist.

      Entschuldigt für den langen Text, aber zusammengefasst stellen sich Mir folgende Fragen, auf die mich eure Gedanken interessieren würden:
      Wenn wir uns für die absolute Freiheit für das Pferd entscheiden, hieße das nicht; kein Stall, keine zeitlich geregelte Futtergabe (denn Pferd kann dann Futter nicht mehr frei wählen), kein Halfter, kein führen oder sogar reiten?
      Und inwiefern glaubt ihr, dass Pferde jegliche Form von Freiheitseinschränkung als Vertrauensmissbrauch verstehen (Beispiel Herdenchef, der auch mal Futter verteidigt und dem wenn es ein guter Chef ist auch hoffentlich die Pferde Vertrauen?
      Und was für Ideen hättet ihr die zweite Frage wissenschaftlich anzugehen?
      Ich würde mich total über Gedanken eurerseits dazu freuen
      Viele Grüße
      Anna

      Antworten
      • Hallo Anna,
        Du hattest Dich zwar auf Martin bezogen, aber ich möchte gerne kurz was zu Deinen spannenden Fragen schreiben.
        Aus meiner Sicht besteht in solchen Diskussionen immer die Gefahr, zu sehr im „entweder – oder“ zu denken, statt zu differenzieren. Wenn wir Pferde nicht nur sich selbst überlassen, haben wir es immer mit einer Beziehung zu tun. Und so eine Beziehung muss aus meiner Sicht immer auch in irgendeiner Form gestaltet werden. Entscheidend sind dabei für mich das Wie und die Motivation.
        Auf die Frage, ob es Regeln und Grenzen geben muss, gibt es von mir ein ganz klares Ja und in vielen meiner Texte und Kurse zeige ich Wege, wie diese auf eine pferdefreundliche Weise gesetzt und gelebt werden können (denn da gibt es ja enorme Unterschiede). Aber das gilt für beide Seiten.
        Regeln und Grenzen sind in dem Maße für wichtig, wie sie für ein respektvolles, sicheres und angenehmes Miteinander für beide Seiten sorgen und dann schaffen sie auch Vertrauen. Leider ist es nur so, dass die meisten Menschen schnell dabei sind, all die Grenzen zu benennen, die wir Pferden setzen müssen, aber nicht darüber nachdenken, welche Grenzen es für unser eigenes Tun gibt. Da gilt oft: erlaubt ist, was möglich ist. Der Preis dafür bezahlen immer die Pferde. Und darum geht es mir in diesem Text: genau darüber nachzudenken, welche Regeln und Grenzen wichtig sind (und wie diese fair und pro Pferd umgesetzt werden können), welche aus fragwürdigen Motiven eingefordert werden und welche auch wir Menschen akzeptieren sollten, damit Pferde Pferde bleiben können.
        Ganz herzlich,
        Tania

  3. Hallo Tania,
    Danke für Deine Antwort auf Annas Kommentar. Ich stehe auch jeden Tag mehrfach vor der Entscheidung was setze ich durch, was lasse ich sein. Mein Pferd ist, gelinde gesagt, körperlich sehr eingeschränkt. Allerdings muss er ab und zu je nach Tagesform ein paar Rehaübungen machen. Diese fallen ihm natürlich sehr schwer und er möchte sich der Situation entziehen. Entsprechend basiert unsere Arbeit nicht auf 100% Freiwilligkeit. Mich bringt das oft in einen Gewissenskonflikt.
    Aber auch bei gesunden Pferden soll durch Training eine körperliche Verbesserung, Stärke und Fitness erreicht werden, was zwangsläufig immer mit Anstrengung verbunden ist. Kann hier wirklich immer eine 100%ige Freiwilligkeit und Begeisterung des Pferdes erwartet bzw. erreicht werden?
    Viele Grüße
    Corinna

    Antworten
    • Liebe Corinna,
      ich verstehe, denke ich, ganz genau, an welchem Punkt zu stehst, denn ich kenne ihn sehr gut. Mein Anthony ist Asthmatiker und ich habe so ziemlich alle Stufen von „Der muss sich bewegen“ (Anweisung von der Tierärztin) zu „Nichts zu machen“ durch.
      Für mich kommt es auf das „Wie“ an. Ich sehe mich ein bisschen wie ein „Personal Trainer“, ich muss also manchmal auch motivieren und Energie schicken. Das kann man als Druck interpretieren. Entscheidend ist für mich aber das Pferd. Je besser man sein Pferd kennt, desto leichter fällt es einem einzuschätzen, wie viel Einsatz gut und wichtig ist und wann man es gut sein lassen muss. Ich glaube nicht an 100% im Leben 😉 Freiwilligkeit und Begeisterung sind meine Wunschziele und immer öfter erreiche ich sie, manchmal ist es aber auch etwas zäher und dann fühle ich nach, was an diesem Tag geht. Mein Pferd zeigt mir inzwischen sehr deutlich, wenn ich zu viel Druck mache und da höre ich voll und ganz auf ihn.
      Ich würde sagen: Bleib bei Deinem Pferd. Würdige, was es zu geben bereit und wozu es fähig ist, schau, ob ihm manchmal Deine eigene Energie helfen kann, akzeptiere aber auch, wenn es sagt, dass es nicht geht.
      Lieber Gruß,
      Tania

      Antworten
  4. Das ist wirklich ein super spannendes Thema. Ich arbeite auch ungern frei mit meinem Pferd im Round Pen (auch „unfrei“ ungern), sondern gehe am liebsten in die Halle des Reitvereins (20×60). Da trennt sich dann schnell die Spreu vom Weizen. 🙂 Mein Pferd ist aber sehr kommunikativ und zeigt mir, unabhängig ob Halle oder Round Pen, sehr deutlich, ob und wie er mit mir frei arbeiten möchte. Manchmal bekomme ich ihn überhaupt nicht weg von mir, an anderen Tagen geht freies longieren oder auch „abholen“ vom anderen Ende der Halle wunderbar, manchmal sagt er auch ganz deutlich „Den Sch…. kannst du heute alleine machen.“ 😀 Und dann ist das so. Wir haben beide nichts davon, wenn ich „mit Gewalt“ den Plan, den ich mir vielleicht gemacht habe, durchsetze. Ich nehme mir schon Dinge vor, die ich gerne machen möchte, auch beim reiten oder longieren, aber wenn die Tagesform von ihm nicht entsprechend ist, ok. Dann machen wir eben was anderes. Natürlich fordere ich ihn auch schon mal nachdrücklicher auf, mir von der Pelle zu weichen, aber normalerweise hat auch das ja einen Grund. Dem Pferd zuhören (und es im besten Fall auch verstehen), was es mir auf SEINE Weise sagen will, das ist vielleicht nicht immer einfach, aber sehr erfüllend. Sein eigenes Ego muss man dann natürlich auch mal zurückstellen. Ich habe einmal einen Besitzer gesehen, der sein Pferd frei arbeitete nach „Horsemanship“ (wahrscheinlich nach dem im Text angesprochenen Amerikaner), und er lud sein Pferd ein, zu ihm zu kommen. Sie kam bis auf 3 Schritte zu ihm. Daraufhin scheuchte er sie vehement von sich weg und als ich nach dem Grund fragte, meinte er, dass sie ganz dicht zu ihm kommen sollte. Hm … ok. Schon damals verstand ich nicht, warum er sie dann so wieder weg schickte.

    Antworten
    • Liebe Anke,
      so wie Du es von Dir und Deinem Pferd beschreibst, klingt es für mich ideal!
      Herzlich,
      Tania

      Antworten
  5. Vielen Dank für diesen sehr wichtigen Text! Seit ca. 25 Jahren beschäftige auch ich mich mit der freien Arbeit mit Pferden und habe soviel unnötiges, subtil grausames und tierschutzrelevantes gesehen. Als das Join Up damals in aller Mund kam, habe ich die Welt nicht verstanden. Warum durchschauen so wenige Reiter dieses furchtbare „Spiel“?
    Ich arbeitet schon damals mit Kindern, vor allem Mädchen frei mit Pferden. Und hier ging es nur um eins:seinen eigenen Raum zu schützen und zu lernen, wann sage ich Nein und wann ja zu einer Annäherung vom Pferd. Auf welchen Grundlagen, basiert eine gute und echte Beziehung und wie erkenne ich sie. Pferde sind dafür höchst empfänglich. Denn wer gut auf sich selbst aufpassen kann, hat Führungsqualitäten! Das kann jedes Kind bei einer gut geführten Anleitung und hat ausschließlich was mit der Arbeit am Menschen zu tun und nicht mit dem Pferd. Meine Erfahrung ist, dass nur dann Pferde sich uns wirklich gern anschließen, wenn wir ganz bei uns sind, unseren Raum schützen können und den Raum der Pferde sehen und mit Respekt behandeln. So arbeite ich noch heute, egal ob mit Strick, frei oder mit Sattel und Zaumzeug. Es gelingt nicht immer, aber wenn es gelingt, ist es das wunderbarste Gefühl, dass mir geschenkt wird.

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