Calming Signals bei Pferden

Geschrieben von Tania Konnerth

Tania ist Autorin und Pferdecoach. Sie schreibt seit vielen Jahren für Blogs und Zeitschriften, hat diverse Bücher veröffentlicht, gibt Webinare und coacht Pferd-Mensch-Paare. Sie wünscht sich vor allem, dass Pferde besser verstanden werden.

– Pferdeverhalten verstehen

Vor einigen Jahren entdeckte ich die Arbeit von Rachaël Draaisma und war vollkommen fasziniert. Da wurde die Kommunikation von Pferden endlich mal losgelöst von den gängigen falschen (!) Annahmen einer Rangordnung dargestellt. Für mich war ihr Buch „Language Signs and Calming Signals of Horses“ ein echter Augenöffner! Ich begann, Pferdeverhalten ganz anders wahrzunehmen und habe dabei nicht nur in Bezug auf Umgang und Training, sondern ganz allgemein sehr viel Spannendes entdeckt. Das Buch ist nun endlich auch auf Deutsch im Kosmos Verlag erschienen.

👉 Tipp: In meinem beliebten Webinar „Stress und Beschwichtigung bei Pferden in der Praxis“ schauen wir uns gemeinsam dieses natürliche Kommunikationsverhalten an. Darin geht es auch darum, was Dir speziell Dein Pferd sagen will.

Von den Hunden zu den Pferden …

Rachaël Draaisma war zunächst Tiertherapeutin für Hunde. Irgendwann stellte sie sich die Frage, ob und welche Calming Signals auch bei Pferden zu beobachten sind. Calming Signals wird im Deutschen mit „Beschwichtigungszeichen“ übersetzt, was allerdings etwas unglücklich gewählt ist. Es geht hier nämlich ausdrücklich nicht um Unterwerfung, sondern um Kommunikation.

Die Kommunikationssignale, die hier herausgearbeitet wurden, geben uns Einblicke in eine komplexe, höchst subtile Sprache. Meinem Eindruck nach kratzen wir da erst an der Oberfläche. Und das Tollste ist: Was wir hier lernen können, hilft uns ganz praktisch im Miteinander, Umgang und Training unserer Pferde. Ohne es zu wissen, verwirren und frustrieren wir unsere Pferde nämlich häufig dadurch, dass wir Calming Signals nicht wahrnehmen oder sogar bestrafen. Ändern wir das, ändert sich die gesamte Kommunikation mit dem Pferd!

Für mich ist es ein absolutes Lieblingsthema geworden!

Pferde neu sehen lernen!

In ihrem internationalen Bestseller „Calming Signals“ (erschienen bei Kosmos, 2025, ISBN: 978-3-440-18103-4, 36,- EUR, gebunden, durchgehend farbig illustriert – mehr Infos hier) stellt Rachaël Draaisma die Ergebnisse ihrer wissenschaftlichen Studie vor. Dafür analysierte sie über 200 Videos, die das Verhalten von vierzig ganz unterschiedlichen, domestizierten Pferden zeigten. Als „Calming Signals“ wurden zwanzig Signale aufgenommen.

Beispiele für Beschwichtigungszeichen sind:

  • Das Abwenden des Kopfes.
  • Das Wegdrehen des Halses.
  • Das Kopfsenken.
  • Eine waagerechte Ohrenposition.
  • Sich einem Objekt oder anderen Lebewesen in einem Bogen zu nähern (im Gegensatz zu einer geraden Linie).
  • Und viele andere.
Calming Signals

Ein ganz anderes Bild vom Pferd!

Der größte Verdienst von Rachaël Draaisma ist aus meiner Sicht, dass sie aufzeigt, wie komplex und wundervoll das Kommunikationsverhalten von Pferden ist. Und wie vielschichtig und fein sie damit ihre Beziehungen gestalten – untereinander und auch mit uns, wenn wir bereit sind, zuzuhören. Nachdem Dominanztheorien längst widerlegt sind, bekommen wir hier nun einen tiefen Einblick in das tatsächliche Sozialverhalten von Pferden.

Mein eigener Umgang und meine Arbeit mit Pferden hat sich durch dieses in den letzten Jahren grundlegend verändert. Und ich lerne stetig dazu, seitdem ich mich immer intensiver mit den Erkenntnissen aus der Ethologie befasse. Pferdeverhalten ohne Nutzungsabsicht zu beobachten, offenbart ein komplett anderes Bild vom Pferd als das, das leider noch immer verbreitet wird. Damit öffnet sich die Tür, diesen Tieren endlich so zu begegnen, wie sie es verdient haben: nämlich sanft, offen und voller Respekt.

Mehr zum Thema vermittle ich in „Stress und Beschwichtigung bei Pferden in der Praxis“ und in diesen Blogbeiträgen:

4 Kommentare

  1. Liebe Tania,

    dank deiner Empfehlung habe ich das Buch gerade gelesen und war so fasziniert, nahezu alle beschriebenen Signale an zwei mir eher unbekannten Ponies, denen wir zum ersten Mal einen Ball vorgestellt haben, zu erkennen ( der Ball war beiden eher unheimlich….) und darauf Rücksicht nehmen zu können.

    Liebe Grüße

    Christina

    Antworten
  2. Hallo,
    Ich habe mir das Buch gekauft und konnte schon nach ein paar Tagen besser sehen, was meine Pferde bewegt. Als wir bei starkem Regen in den Stall sind( meine Isis sind eigentlich immer draußen) hatte der Kleine ( fast blind) Schwierigkeiten . Da es drin lauter war als draußen ( der Regen prasselte laut aufs Dach) war er sehr zögerlich. Immer wieder streckte er die Nase ins Trockene und über das Calming Signal Lecken, was er immer wieder nach einem neuen vorsichtigen Schrittchen zeigte, sah man, wie sehr er sich bemühte. Sein älterer Kumpel und ich haben ihm einfach die Zeit gegeben, die er brauchte. Und das nächste Mal war es gar kein Problem mehr für ihn.
    Sicher hätte ich auch so gewartet, aber seine wirkliche Anstrengung hätte ich nicht gesehen und geschätzt. Danke für den tollen Blog!!

    Antworten
    • Sehr gern – und herzlichen Dank für dieses tolle Beispiel! 🧡
      Tania

      Antworten

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