Pferdefreundlich reiten

Geschrieben von Tania Konnerth

Tania ist Autorin und Pferdecoach. Sie schreibt seit vielen Jahren für Blogs und Zeitschriften, hat diverse Bücher veröffentlicht, gibt Webinare und coacht Pferd-Mensch-Paare. Sie wünscht sich vor allem, dass Pferde besser verstanden werden.

– in kleinen Schritten viel bewirken

Mal ganz ehrlich: Wie offen bist Du für das Thema „Pferdefreundlich reiten“? Ich habe den Eindruck, dass die Reaktion darauf häufig vor allem Skepsis und Abwehr ist. Ein Stück weit verständlich, denn sich ehrlich zu fragen, ob man selbst wirklich pferdefreundlich reitet, kann erstmal schon auch unangenehm sein. Und die Ungewissheit, wohin das führen wird, lässt einen vielleicht auch zögern, etwas zu ändern. Man will sich doch sein geliebtes Hobby nicht vermiesen lassen, nicht wahr? Mit diesem Blogbeitrag möchte ich Dir Mut zu diesem Thema machen!

Bei mir waren es meine Pferde, die mich dazu gebracht haben, meine eigene Reiterei unter die Lupe zu nehmen und ich bin heute einfach nur dankbar dafür. Ich kann für mich ganz klar sagen: Pferdefreundliches Reiten ist sooo viel schöner als das herkömmliche und es stecken darin wundervolle Chancen und ganz viel Tolles für uns und unser Pferd.

Tipp: Wenn Du unsicher bist, ob und wie Du selbst pferdefreundlicher reiten kannst, dann ist mein Webinar „Pferdefreundlich reiten mit Tania“ genau richtig für Dich. In diesem Live-Webinar gehen wir alle möglichen Facetten durch und ich gebe Dir auch ganz konkrete Anregungen für Dich und Dein Pferd. Ich freue mich, wenn Du dabei bist!

Das Glück der Erde – bitte auch für die Pferde!

Das Glück der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde!? Für mich stimmt das nur, wenn wir pferdefreundlich reiten! Zunehmend steht das Reiten in der Kritik und wenn wir mal ehrlich sind, auch vollkommen zurecht. Es ist immer noch ein Tabu-Thema, aber Druck, Gewalt, ja sogar Schläge und Misshandlungen sind leider noch immer in vielen Ställen vollkommen normal. Und darüber müssen wir endlich offen sprechen!

Tatsächlich haben nur wenige das Glück, von Beginn Unterricht genießen zu können, in dem das Pferdewohl im Fokus steht und nicht das, was man mit ihm machen will. Entsprechend lernen die allermeisten Reitanfänger*innen leider vor allem nur, wie sie oben bleiben und von dort aus ihren Willen durchsetzen können. „Man muss sich halt durchsetzen, schließlich kann der Gaul ja nicht tun, was er will„, heißt es dann und „Pferde sind untereinander auch nicht zimperlich, das halten die schon aus.“ Und so wird, natürlich nur „weil es ja“ angeblich „nicht anders geht“, auch zu fiesen Hilfsmitteln gegriffen, mit denen wir die Pferde irgendwie in den Griff bekommen.

Tatsache ist aber auch, dass es so nicht bleiben muss! Jede*r hat es selbst in der Hand, das Reiten auf Kosten der Pferde weiterzuführen oder gleich heute eine oder zwei kleine Sachen zum Guten zu ändern. Denn es geht gar nicht darum, auf einen Schlag alles anders zu machen! Selbst kleine Änderungen können schon so vieles bewirken.

Wer ist verantwortlich?

Der erste Schritt ist für mich der, sich einfach mal zu erlauben, Bisheriges in Frage zu stellen – und das ohne dabei zu hart mit sich ins Gericht zu gehen. Auch ich habe in meinen ersten Reitjahren leider vieles gelernt und getan, für das ich mich heute schäme. Scham und schlechtes Gewissen sind schmerzhaft und sich selbst damit fertig zu machen, auch. Viel konstruktiver ist es, sich selbst als lernendes Wesen zu sehen und Fehler als Anlass zu nehmen, an sich zu arbeiten. Den Pferden nutzt kein schlechtes Gewissen. Für sie verbessert sich nur etwas, wenn wir umdenken und das Reiten neu gestalten. Und weißt Du was? Das kann richtig Spaß machen!

Oft heißt es, dass ich erstmal was im Großen ändern muss und auch ich wünsche mir, dass sich grundsätzlich am System etwas ändert. Doch ich sehe die Verantwortung nicht allein bei den Verbänden und Lehrenden, sondern denke, dass wir bei uns ansetzen können – und sollten. Wenn wir Pferde wirklich lieben, dürfen wir nicht länger denjenigen Glauben schenken, die behaupten, dass es nur so geht. Vielmehr müssen wir als (zahlende!) Reiterschüler*innen und Pferdebesitzer*innen klar nein zu Gewalt gegenüber Pferden sagen. Wenn wir uns weigern, auf die herkömmliche Weise zu reiten und konsequent pferdefreundliche Methoden und Ansätze anfragen und einfordern, wird sich sehr vieles ändern.

Geht es denn wirklich auch pferdefreundlich?

Vielleicht denkst Du jetzt so etwas wie: „Aber wenn ich mich nicht mehr durchsetze, nutzt mein Pferd das bestimmt aus und dann kann ich nachher gar nicht mehr reiten…“ Mit der Angst, nicht mehr reiten zu können, wenn das Pferd mitentscheiden kann, bist Du nicht allein. Aber was sagt es über uns aus, dass wir bereit sind, ein unwilliges Pferd zu etwas zu zwingen, statt lieber dafür zu sorgen, dass es freiwillig und mit Freude dabei ist? Und warum sollte ein Pferd, dem es beim Reiten gut geht, die Mitarbeit verweigern? Das macht einfach keinen Sinn.

Pferdefreundlich reiten bedeutet,
dass beide Seiten Spaß daran haben.

Oder vielleicht denkst Du: „Im Stall wird man über mich reden, wenn ich anders reite.“ – Ja, das kann gut sein! Aber abgesehen davon, dass Dir Dein Pferd wichtiger sein sollte als die Miteinsteller, weißt Du ja gar nicht sicher, OB und vor allem WAS sie über Dich reden werden. Klar, wenn Du etwas änderst, wirft das auch bei anderen unbequeme Fragen auf. Aber es kann gut sein, dass sie nach einer Weile kommen und Dich um Rat fragen, weil sie sehen, wie viel netter es bei Euch ist und sich das auch für sich und ihr Pferd wünschen.

Ich kann aus eigener Erfahrung sagen: Reiten geht auf jeden Fall anders als es herkömmlicherweise gelehrt wird, nämlich viel schöner! Erlaube Dir, wieder von einem wirklich gemeinschaftlichen Reiten mit Deinem Pferd zu träumen (so wie es die meisten von uns zumindest am Beginn träumen), denn genau das ist möglich! Alles, was es dafür braucht, ist mehr auf das Pferd zu hören und darauf, was es Dir zeigt.

Pferdefreundlich reiten für Dich und Dein Pferd

Die gute Nachricht: Pferdefreundlicher zu reiten ist leichter, als viele denken. Wir machen uns Veränderungen oft unnötig schwer, indem wir meinen, dass wir dann ja ALLES ändern müssen. Aber Du musst definitiv keine komplett neue Methode erlernen und Du musst auch nicht alles ablegen, was Du kennst. Es geht vielmehr darum, achtsamer zu werden für die vielen kleinen Dinge, die eben auch anders gehen. Das beginnt schon beim Holen des Pferdes und geht bis hin zum Reiten von Lektionen. Es gibt so vieles, das uns auf eine ganz bestimmte Art vermittelt wird, als wäre nur diese richtig. Aber tatsächlich kann man alles immer auch anders machen – schöner und pferdefreundlicher! Und wenn Du erstmal merkst, wie viel angenehmer alles wird, wirst Du Dich fragen, warum Du es nicht schon längst so gemacht hast.

Tipp: In „Mit dem Herzen voran – Der Reitkurs von „Wege zum Pferd“ findest Du eine Fülle von ganz verschiedenen Ideen, Anregungen, Übungen und Tipps, mit denen Du hier und da etwas ausprobieren kannst.

4 Kommentare

  1. Und das beste daran ist, dass Pferde -im Gegensatz zu Menschen- absolut nicht nachtragend sind und uns jeden Tag aufs Neue die Chance geben, es besser zu machen und auch sofort, wenn man die Art der Hilfe oder Kommunikation ändert, darauf einsteigen.
    Und das schönste ist, wenn mein Hafi nach einer Reitstunde mich lobt, weil er merkt, dass ich mir wirklich Mühe gegeben hab, ihm alles verständlich zu erklären und gut zu Reiten, dass ich ihn möglichst nicht störe 🥰
    Gut dass wir mittlerweile eine Reitlehrerin gefunden haben, die vor allem mit und an mir arbeitet, dass ich korrekt sitze, dass ich verständliche Hilfen gebe und nicht wie unser voriger der noch von dem Schlag war, das Pferd muss jetzt aber und bloß nix durchgehen lassen und drauf mit der Gerte wenn er ausfällt, statt bei einem jungen Pferd so wie meine jetzige Reitlehrerin davon auszugehen, dass er halt einfach noch nicht die Balace hat und ich erst meinen Sitz korrigieren muss, damit er gut laufen kann.
    Gottseidank gibt es immer mehr Leute, die auf das Pferdewohl schauen – und man legt die durchaus auch vermenschlichende Ansicht ab, das Pferd würde irgendetwas extra machen, um uns zu ärgern oder testen… so ticken Menschen aber nicht Pferde. Es ist schön und spannend wie viel sie mit uns kommunizieren, wenn man sie lässt und ihnen zuhört!
    Ganz liebe Grüße und weiter so!

    Antworten
    • Liebe Doris,
      mit dem Verzeihen hast Du so recht, das erlebe ich auch immer und immer wieder.
      Und halt sie fest, Deine Reitlehrerin, sooo viele sind da leider noch sehr auf sich allein gestellt. Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass immer mehr umdenken.
      Alles Liebe für Dich und Deinen Hafi, er klingt ganz zauberhaft!
      Tania

      Antworten
  2. Liebe Tania, wieder mal hast Du den Nagel auf den Kopf getroffen. Ich bin ja auch durch genau diese Schule gegangen und Du und Babette haben mich vor über 15 Jahren aus der Dominanz-Schleife geholt. Dafür sind meine Pferde und ich euch unendlich dankbar. Ich möchte hier allen Mut machen, die noch unentschlossen sind, ob sie es schaffen. Manchmal braucht es etwas mehr Geduld mit sich selbst. Aber es ist unglaublich schön, wenn man nach kurzer Zeit merkt, wie die Pferde aufatmen und anfangen, ihrem Menschen beim Umdenken zu helfen. Man muss halt nur zuhören. Damit fängt alles an. Ganz liebe Grüße Beate

    Antworten
    • Ganz lieben Dank, Beate. Du hast so viel Schönes mit Deinen Pferden erreicht und Deinen ganz eigenen Weg gefunden. Solche Geschichten freuen mich immer so sehr.
      Ja, die Pferde atmen auf, aber letztlich auch wir selbst, … denn so wie wir mit den Pferden umgehen, gehen wir fast immer auch mit uns selbst um.
      Ganz lieber Gruß und ein Knuddler an Deine Schöne,
      Tania

      Antworten

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