Probleme mit Pferden lösen

Geschrieben von Tania Konnerth

Tania ist Autorin und Pferdecoach. Sie schreibt seit vielen Jahren für Blogs und Zeitschriften, hat diverse Bücher veröffentlicht, gibt Webinare und coacht Pferd-Mensch-Paare. Sie wünscht sich vor allem, dass Pferde besser verstanden werden.

– und zwar pferdefreundlich!

Probleme mit Pferden tauchen sowohl im Umgang als auch im Training auf. Viele von ihnen sind recht leicht zu lösen, wenn wir bereit sind, die Seite des Pferdes zu sehen. Leider wird aber herkömmlicherweise weniger nach dem „Warum“ gefragt, als überlegt, wie wir als Menschen unseren Willen durchsetzen können. In diesem Blogbeitrag zeige ich Dir den meiner Ansicht nach wichtigsten Punkt, wenn Du Probleme mit Deinem Pferd pferdefreundlich lösen möchtest.

Das Pferd hat Schuld!?

Wenn es um Probleme geht, dann scheint so gut wie immer das Pferd schuld zu sein. So soll es zum Beispiel doch „nur vernünftig vorwärts gehen“, soll sich „anständig satteln lassen“ oder „einfach nur brav warten“. Es soll „sich benehmen“, „artig sein“ und „nicht frech werden“ oder „gar widersetzlich“ oder „ungehorsam“ sein.

Oder anders gesagt: Problemen mit Pferden entstehen in der Regel dann,

  • wenn ein Pferd nicht tut, was wir wollen oder
  • wenn es etwas tut, was es nicht soll.

Aber ist es wirklich so einfach? Ist es nicht vielmehr so, dass wir etwas von den Pferden wollen, das in ganz vielen Fällen nicht ihrer Natur entspricht? Oder etwas, das sie nicht verstehen oder in dieser Situation beziehungsweise unter den gegebenen Umständen gar nicht können? Etwas, das für sie vielleicht keinen Sinn macht oder sogar unangenehm oder schmerzhaft ist?

Wer macht hier Probleme?

Die wichtigste Erkenntnis in diesem Zusammenhang ist für mich diese:

So gut wie immer
macht das Pferd keine Probleme,
sondern es HAT welche

– und zwar mit uns!

Oft ohne uns darüber bewusst zu sein oder es böse zu meinen, verlangen wir ganz schön viel von unseren Pferden und wollen das auch durchsetzen. So haben es zumindest die meisten von uns gelernt. Noch immer ist überall zu hören, dass wir uns sogar durchsetzen „müssen“, da uns sonst die Pferde auf der Nase herumtanzen.

Diese Sicht auf Pferde ist für mich nicht nur falsch, sondern sie ist meiner Erfahrung nach auch die Ursache für ganz viele Probleme mit Pferden. Statt zu fordern und zu zwingen, sollten wir überhaupt erst einmal verstehen.

Probleme mit Pferden basieren oft auf falschen Interpretationen

Die wichtigste Voraussetzung ist, dass wir bereit sind, Pferde in ihrem Pferd-Sein zu sehen und zu verstehen. Viel zu oft setzen wir menschliche Maßstäbe an und bewerten daran das Verhalten unserer Pferde. Die Folge sind häufig falsche Interpretationen:

  • Da wird ein Pferd als „ungezogen“ bestraft, das am Strick nicht ruhig neben dem Menschen steht – dabei ist es vielleicht nur unsicher und wir verstärken diese Unsicherheit erst recht durch unsere Strenge.
  • Ein anderes Pferd wird als „dominant“ bezeichnet, weil es beim Putzen gegen den Menschen rempelt – dabei ist es nur kitzelig und versucht dem Menschen zu zeigen, dass es so nicht gebürstet werden möchte.
  • Dann wird ein Pferd als „Spinner“ angefahren, weil es an einer Stelle scheut, die bisher kein Problem war – tatsächlich aber riecht das Pferd etwas, das ihm Sorgen bereitet und das wir gar nicht wahrnehmen.
  • Und ein vermeintlich „freches“ Pferd bekommt eins mit der Gerte, weil es sich gegen das Satteln wehrt – in Wahrheit ist dieser aber viel zu eng und bereitet ihm Schmerzen.

Von solchen Beispielen gibt es leider endlos viele. In fast allen Fällen geht der Mensch über ein aktuelles Bedürfnis des Pferdes hinweg oder noch schlimmer: Es werden grundlegende Bedürfnisse des Pferdes nicht erfüllt.

Pferdefreundlichkeit erfordert Verstehen

Da Pferde nicht mit Worten sprechen können, sind wir gefordert, erst einmal ihre Art der Kommunikation zu verstehen. Pferde kommunizieren mit uns nicht nur durch Mimik, Körpersprache und Körperenergie, sondern vor allem auch über ihre Reaktionen und ihr Verhalten. So sind so genannte Widersetzlichkeiten oder Verweigerungen in den allermeisten Fällen nur Versuche des Pferdes, uns etwas mitzuteilen. Statt zu strafen oder mit Gewalt etwas zu erzwingen, müssen wir erst einmal verstehen, warum ein Pferd etwas tut oder eben auch nicht tut.

Wir fühlen uns unseren Pferden gegenüber oft vorschnell im Recht, aber tatsächlich missverstehen wir vieles (oder nehmen manches nicht mal wahr, weshalb Pferde dann „lauter“ werden. Viele unserer Interpretationen greifen zu kurz, weil wir nicht ausreichend bereit sind, uns in das Pferd hineinzuversetzen. Wir setzen dann nur am Symptom an, ohne den Gesamtkontext zu sehen. Wenn ein Pferd zum Beispiel beim Hufe-Auskratzen ständig den Huf wegzieht, sollten wir das nicht einfach bestrafen, sondern uns fragen, ob es vielleicht ängstlich ist, weil es allein angebunden ist, ob es Balance-Probleme oder Schmerzen hat oder was sonst die Ursache sein kann.

Pferdefreundlich können wir Probleme nur lösen, wenn wir die Ursachen für ein Verhalten erkennen. Tun wir das nicht, werden wir oft ungerecht und können zu keiner guten Lösung kommen. Im schlimmsten Fall verlieren wir auch noch das Vertrauen des Pferdes.

Frag Dein Pferd und hör gut zu

Ich werde zu allen möglichen Problemen mit Pferden um Rat gefragt. Meine erste Frage ist dann immer diese: 

„Was genau sagt denn Dein Pferd?“

Um diese Frage zu beantworten, müssen wir bereit sein, unser Pferd wirklich wahrzunehmen. Und allein das löst bereits ganz vieles.

Beispiele für Probleme mit Pferden und Lösungsideen dazu

Hier habe ich noch einige Beiträge für Dich zusammengestellt, in denen ich zeige, wie ich mit ganz konkreten Probleme umgehe:

Lesetipp: Versteh Dein Pferd

Probleme mit Pferden

2 Kommentare

  1. Die diversen alltäglichen Beispiele hast du prima erklärt.
    Schade nur, dass SOWAS in den „normalen“ reitvereinen nicht (oft genug, falls überhaupt) berücksichtigt wird.
    schulpferde müssen eben täglich
    viele Stunden funktfunktionieren und werden mal eben schnell sanktioniert, wenn das nicht so ist. Wie soll da ein privazoferdeneuling überhaupt bessere tierkommunikation lernen. Zwar gibt es tolle Ideen für freizeitreiter mit eigenem Pferd, aber gelehrt wird noch viel zu selten in „normalen“ althergebrachten Ställen, und das wider besseres Wissen seid (theoretisch) mindestens Jahrzehnten…. Ich sehe das ja selbst heute noch bei meinen Gästen….seufz!
    mach weiter so, die neuen Medien machen ja so manches möglich, ohne reisen zu müssen.

    Antworten
    • Liebe Nina,

      ja, da sprichst Du ein großes Feld an, für das ich auch noch keine Lösung habe. Ich denke, es muss sich etwas auf beiden Seiten ändern – einmal auf der Seite der Unterricht-Anbietenden, aber auch auf der „Kunden“-Seite. Die meisten Menschen kommen ja mit einer klaren Nutzungsabsicht zu Pferden, nämlich in der Regel mit dem Wunsch, reiten zu lernen. Hier muss noch viel mehr Bewusstsein dafür geschaffen werden, dass Pferde keine Fahrräder sind, sondern vor jeder Nutzung sollte erstmal das Kennenlernen von Pferden und ihrem Wesen liegen. Dazu sind leider aber viele noch nicht bereit…
      Aber es ändert sich immer mehr. Inzwischen wird immer öfter über die Rechte von Pferden gesprochen und immer mehr Menschen stellen das herkömmliche System in Frage. Ich bleibe dran!
      Herzlich,
      Tania

      Antworten

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